Wolfgang Amadeus Mozart

LA CLEMENZA DI TITO

25.11.2005
Schloßtheater im Neuen Palais, Potsdam
Musikalische Leitung:
Michael Helmrath
Inszenierung:
Uwe Eric Laufenberg
Bühne:
Tobias Hoheisel
Kostüme:
Antje Sternberg
Mit:
Lothar Odinius, Nancy Weißbach, Anna Palimina, Antigone Papoulkas, Jeannine Hirzel, Matthias Ehm,
Chor:
Ud Joffe/ Neuer Kammerchor Potsdam
Orchester:
Kammerakademie Potsdam
Rezensionen:

Ins perfekt renovierte, nur 226 Zuschauern Platz bietende Schlosstheater im Neuen Palais von Sanssouci, Baujahr 1768, ist jedoch ein Experiment eingezogen: Mozarts Seria "Titus" als Versuch einer modernen Potsdamer "Winteroper". Zu besichtigen ist die heroische Tat des Intendanten und Regisseurs Uwe Eric Laufenberg, Oper auch dann noch anzubieten, wenn sie längst abgeschafft ist. Das Hans- Otto- Theater Potsdam besitzt seit Jahren kein Musiktheater- Ensemble mehr und kein Orchester, doch offenbar noch genügend Lust auf Oper.(...)Ein Zauber der Nähe, wie im großen Opernhaus kaum denkbar bewirkt Wunder der Intensität und Intimität. (...) Die Sänger vermitteln Ton und Bild in Überlebensgröße, sie werden von Regisseur Laufenberg öfters von der schmalen Bühne nach vorn in den Zuschauerraum geholt, bieten (zuweilen drastische) Aktionen von einiger Leuchtkraft und Leidenschaft- unmittelbar in Reichweite des Publikums.(...) Gradezu physisch spürbar ist hier die expressive "Macht des Gesangs".

Süddeutsche Zeitung, 03.12.2005

"Auf dem Gipfel der Macht ist Wohltun einzige Freude", sinniert singend Kaiser Titus Vespasianus in Mozarts Opera seria "La Clemenza di Tito", geschrieben zur Krönung des österreichischen Kaisers Leopold II. zum König von Böhmen. Eine Huldigungsoper großen Stils ist geworden, was das Herz des Monarchen rühren sollte. "Wenn ich Treue nicht durch Liebe erringe, ist sie wertlos", verkündet der mildtätige und gütige römische Herrscher. Der Wiener Kollege möge es ihm gleichtun, ist Mozarts Gewissenspredigt. Die operalen Zutaten dazu sind bewährt: Liebe, Verrat, Intrigen, Brandstiftung und Mordversuch. Dass aus dieser ungemütlichen Gemengelage auch mit Anstand und Güte herauszukommen ist, kostet den Titelhelden manche Überwindung. Die Inszenierung von Uwe Eric Laufenberg, Intendant des Hans Otto Theaters, sucht es im reizvollen Interieur des Schlosstheaters im Neuen Palais zu verdeutlichen.
Die Palmenstukkaturen der Vorbühne finden ihre malerische Fortsetzung auf dem Zwischenvorhang (wo Videos vom Brand Roms und allegorische Sequenzen flimmern), während die drehbaren Bühnenversatzstücke Abbildern von Türen und Spiegelwänden des Neuen Palais gleichen (Bühne: Tobias Hoheisel). Man fühlt sich wie "zu Hause" Zumal auch die Personage häufig durch die Reihen der Zuschauer auftritt, das Fridericus-Parkett als Spielstätte nutzt, vom (sonst gesperrten) Rang aus Botschaften an die Römer ( die wir Zuschauer sind ) verkündet. Da wird man ins abwechslungs- und temporeich ausgebreitete Geschehen gleichsam hineingezogen, sodass die knapp drei Premieren-Stunden wie im Fluge vergehen.

Erfreulich, dass Laufenberg dabei der Versuchung widersteht, Seria-Pomp und höfisch-festliches Ritual groß auszustellen. Stattdessen vertraut er der Vorlage, lockert sie von innen her auf, um sie gleich einem Kammerspiel mit psychologischem Blick zu durchleuchten. Die jungen Sängermimen folgen dieser mit glaubhaftem Agieren. Ihnen allen ist ein mannigfaltiges Mienenspiel genauso abverlangt wie das Vermeiden überflüssiger Gänge und Gesten. So kommt Spannung auf. Die von der Kostümbildnerin Antje Sternberg in Straßenanzüge, gleichmacherischen Bodygard-Look (für die Prätorianergarde: Neuer Kammerchor Potsdam) oder geschmackvolle Abendroben gekleideten Bühnenfiguren verwandeln sich in sehr heutige, natürlich spielende und singende Menschen. Um deren Italienisch verstehen zu können, wird die deutsche Übersetzung am Portal eingeblendet.

Potsdamer Neueste Nachrichten, 28. November 2005

, 12.03.2013
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