William Shakespeare

HAMLET (Deutsch von Reinhard Palm)

01.02.1997
Schauspielhaus Zürich
Inszenierung:
Uwe Eric Laufenberg
Bühne:
Gisbert Jäkel
Kostüme:
Jessica Karge
Mit:
Kämpfe: Klaus Figge Ludwig Boettger, Mathias Gnädinger, Nicole Heesters, Michael Hanemann, Marcus Mislin, Pit-Arne Pietz, Jacqueline Macaulay, Jens Winterstein, Marcus Burkhard , Frank Demenga, Hannes Glarner, Volker Niederfahrenhorst, Hans Dieter Zeidler, Jessica Früh, Anna Spada
Rezensionen:

Einer aber tritt an, um nicht nur seinen Vater zu rächen, sondern auch seinen Autor zu verteidigen. Ludwig Boettger, für einmal mehr als- wie bisher in Zürich- der geheime Mittelpunkt der Inszenierung. Ein trotziger Verweigerer, ein schüchterner Romantiker, ein enttäuschter Sohn einer verräterischen Mutter, überempfindlicher Liebhaber einer unselbständigen Tochter. Gegen soviel energisch geballte Emotion kommen die Mitspieler nicht an.

NZZ , 03.02.1997

Der Totenschädel auf den Plakaten kann weiterlachen. Nach viereinhalb Stunden war das Premierenpublikum im Züricher Schauspielhaus erschöpft, aber angetan. Selbst in Uwe Eric Laufenbergs skeptischer Inszenierung behält Shakespeares "Hamlet" seine Wucht. Das Gerücht war falsch. "Hamlet" werde im Schauspielhaus ohne "To be or not to be" gespielt. Verfrühte Aufregung. Regisseur Laufenberg ist viel zu sehr Kulinariker, als dass er ausgerechnet aufs Filetstück verzichten würde. Nackt ist die Bühne nach der ersten Pause, ausgeräumt bis zur Brandmauer. Hamlet trifft sich zur Probe. Dritter Akt, erste Szene. "Sein oder nicht sein" brüllt der 1. Schauspieler, schleudert pathetisch die Arme in die Luft, bricht ab. Neuer Anlauf. Der Schauspieler kauert am Boden, flüstert die geflügelten Worte, von Tiefsinn beschwert.... Immer neue Varianten probiert der virtuose Volker Niederfahrenhorst. "Sein oder nicht Sein" mit Rudi- Carell- Akzent, als grandiose Arie, als schnoddriges Selbstgespräch am Küchentisch. Umsonst. Der "echte" Hamlet als Regisseur bleibt gelangweilt, greift unwillig ein. Schon ist der schönste Probenkrach im Gang. Jaqueline Macauley ist eine wunderbare Ophelia. Laufenberg hat ihre berühmte Wahnsinnsszene mit Laertes Rückkehr gekoppelt. Das sorgt für emotionalen Überdruck. Obzöne Lieder singt sie jetzt in Reinhard Palms handfester Übersetzung, tobt, lacht, schreit. Das Königspaar ist peinlich berührt. "You must sing A-down a-down" heißt es bei Shakespeare, und diese Ophelia nimmt ihn beim Wort.

Tagesanzeiger, 03.02.1997
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