Oscar Wilde

EIN IDEALER GATTE

16.01.2009
Hans Otto Theater Potsdam
Inszenierung:
Tobias Rott
Bühne:
Vinzenz Gertler
Kostüme:
Antje Sternberg
Mit:
Roland Kuchenbuch , Uwe Eric Laufenberg, Moritz Führmann , Helmut G. Fritzsch, Philipp Weggler, Nicoline Schubert , Rita Feldmeier , Ulla Schlegelberger, Sabine Scholze , Caroline Lux, Anne Lebinsky
Rezensionen:

...So ist das Stück oft inszeniert worden: als harmlose Gesellschaftskomödie mit doppeltem Happy-End und ein paar wohlfeilen Seitenhieben auf Macht, Moral und Politik. Denn allzu leicht geht die bittere Kritik im funkelnden Sprach-Feuerwerk der Wildes’schen Bonmots, Bosheiten und Sentenzen unter.Doch so einfach will es sich die Inszenierung von Tobias Rott nicht machen. Er würzt das agile Spiel mit ein paar handfesten Hinweisen auf die Verkommenheit der Personen und auf ihren Autor. Dabei wirkt das Ambiente elegant, beschwingt, nur die schnulzigen Musikeinlagen deuten auf den Kitschfaktor in dieser Gesellschaft. Statt prunkvoller Fin-de-Siècle-Räume wird makellos glatter, cooler Designer-Stil unserer Zeit zitiert. So wie die silbrig schimmernden Klohäuschen, die den Hintergrund zur ersten und der allerletzten Szene bilden (Bühne: Vinzenz Gertler). Aus ihnen entsteigen, in ihnen verschwinden die Menschen, die in dieser Inszenierung nicht sarkastisch als Karikaturen erscheinen, sondern ziemlich ernst genommen werden. Das macht ihre Exzentrik und ihren Egoismus nur umso deutlicher, besonders dann, wenn die Rolle des Dieners Mason (Helmut G. Fritzsch) so bewusst als Kontrapunkt ausgespielt wird wie hier. Der geschliffenen Zungenfertigkeit seiner Herrschaft und ihrer Brutalität kann dieses missbrauchte Faktotum nichts als Stammeln entgegensetzen. Mit unterschwelliger Bösartigkeit wird die Verführerin und Intrigantin Mrs. Chevely von Anne Lebinsky gegeben. Sie ist nicht nur eine Diebin, sondern – man sieht es an der grünglitzernden, hautengen Robe – eine falsche Schlange und eine Verführerin wie ihr biblisches Vorbild. Zwar vermittelt sie Erkenntnis, aber die Ordnung in die Welt kann nur der Dichter bringen. Im Stück verkörpert den der Außenseiter Lord Goring, der hier von der Kleidung an als alter ego von Oscar Wilde gezeichnet und von Uwe Eric Laufenberg bravourös gespielt wird. In seiner letzten Rolle gibt der scheidende Intendant des Hans-Otto-Theaters dem Affen richtig Zucker. Mal klärt er im pastoralen Ton über die Bedeutung von Nächstenliebe, Nachsicht und Liebe auf – dazu wird es plötzlich sogar hell auf der Bühne. So bringt er die hochstrebende Künstlerphilosophie von Wildes ganz ironiefrei zum Ausdruck. Dann wieder spielt er den verliebten, schon recht beleibten Faun, der im Morgenrock ausgelassen über die Bühne tänzelt und das häusliche Zusammensein mit seinem Diener, einem süßen, kleinen Toyboy (Philipp Weggler), genießt. Selbst ein Texthänger gerät ihm noch zum Quotenrenner. ...Besonders gelobt werden müssen auch die fantasievollen, farbenprächtigen Kostüme von Antje Sternberg, die dieser unterhaltsamen, intelligenten und sehenswerten Aufführung zusätzlichen Witz verleihen.

Potsdamer Neueste Nachrichten, 19.01.2009
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