Richard Wagner

Die Walküre

22.03.2014
Musikalische Leitung:
Dennis Russel Davies
Inszenierung:
Uwe Eric Laufenberg
Bühne:
Gisbert Jäkel- Video: Falko Sternberg
Kostüme:
Antje Sternberg
Mit:
Michael Bedjai, Brit- Tone Müllertz, Sonja Gornik, Albert Pesendorfer, Gerd Grochowski, Karen Robertson, Elena Nebera, Christa Ratzenböck, Mari Moriya, Gotho Griesmeier, Valentina Kutzarova, Bernadett Fodor, Kathryn Handsaker, Vaida Raginskyté, Inna Savchenko
Orchester:
Bruckner Orchester Linz
Termine:

Spielzeit 2013.2014

Weitere Informationen:

Die Walküre - Trailer

Rezensionen:

Mit „Die Walküre“ von Richard Wagner hat am Samstagabend im Linzer Musiktheater der zweite Teil des „Ring des Nibelungen“ Premiere gefeiert und damit eine der härtesten Herausforderungen für Operndarsteller ihre Fortsetzung gefunden.

Sowohl für die Inszenierung als auch für die musikalische Interpretation gab es beim Publikum volle Zustimmung. Regisseur Uwe Eric Laufenberg und der Chefdirigent des Brucknerorchesters, Dennis Russell Davies, ernteten jede Menge Applaus.

ORF, 25.03.2014

Blieben beim antik-archaischen Zugang zum "Rheingold" doch einige Fragen offen, so gelang es nun am Samstag im Musiktheater mit der Premiere des ersten Tags "Walküre" von Richard Wagners "Ring des Nibelungen", deutlich zu machen, wohin die Reise geht. Der Wotan von Regisseur Uwe Eric Laufenberg ist ruhmreicher Feldherr eines diktatorischen Regimes, das mit Reichsadler und Uniform eindeutig definiert ist. Einer, dem der Gehorsam der Untergebenen gewiss ist, der allerdings an der eigenen Familie zerbricht. Nicht bloß der Ehekrieg mit Fricka, die für den durch Sieglindes Seitensprung getäuschten Hunding als Retterin der Ehe in die Bresche springt, sondern auch die Befehlsverweigerung Brünnhildes lassen den Herrschenden zum hilflosen Beobachter einer der Dekadenz verfallenden Gesellschaft werden. Ein Gebieter, dem – zunehmend isoliert – die Zügel aus den Händen gleiten. Ein Gott, dessen Tage gezählt sind.

Zeitlos gültig

Das Feine an Laufenbergs Inszenierung ist nicht bloß die zeitlose Deutung, sondern die historisch einzuordnende, aber ebenso zeitlich unbegrenzt gültige und ästhetisch ansprechende Umsetzung.

So wird Hundings Haus zum kleinbürgerlichen Gasthaus, zur guten treudeutschen Stube, in der der häusliche Segen genauso schief hängt wie in der göttlichen Burg Walhall, die sich im zweiten Akt als Feldlager des Kriegsherrn präsentiert. Fast genial die Idee, das himmlische Helden-Paradies als Tableau inklusive "Wunschmädchen" bildlich darzustellen, als fiebernde Phantasie eines kurz vor dem alles entscheidenden Kampf Stehenden. Unerwartet kühl, aber somit zur emotionalen Eiszeit passend, eine Reithalle, in der nicht nur die Walküren ihre eingesammelten Helden zwischenlagern, sondern die dann auch zur von außen undurchdringbaren Barriere für Brünnhildes feuerumzingelten Dauerschlaf wird.

Es gelingen hier gemeinsam mit Gisbert Jäkel (Bühnenbild), Antje und Falk Sternberg (Kostüme und Video) eindrucksvolle Bilder, die durch die intensive Personenführung noch gesteigert wurden. Es sind kleine Gesten, die die Szenen durchgestalten, die die Personen zur Interaktion zwingen, die synchron mit den musikalischen auch emotionale Höhepunkte schafft.

Fulminante Solistenriege

Auch musikalisch war dieser Abend ein Schritt nach vorne. Dirigent Dennis Russell Davies fand ideale Tempi, und es gelang ihm mit dem bestens disponierten Bruckner Orchester eine überzeugende Umsetzung der Partitur. Der Feuerzauber bedarf in Bezug auf Klangfarben noch kleiner Korrekturen, aber sonst ist weder an der grandiosen Leistung des Orchesters noch am musikalischen Gesamtbild etwas zu bemäkeln. Das betrifft auch die Solistenriege, allen voran das geschwisterliche Liebespaar: Brit-Tone Müllertz hat die ideale Stimme für die Sieglinde und versteht es, sowohl die lyrischen Partien als auch die Dramatik auf den Punkt zu bringen. Großartig: Michael Bedjai, der sich als Siegmund dem unendlichen Wagnerschen Melodienfluss hingibt und im Bedarfsfall genügend Kraftreserven hat. Perfekt auch das Elitegeschwader der Walküren mit Elena Nebera als darstellerisch gewinnende, aber stimmlich doch begrenzte Brünnhilde. Fulminant war Albert Pesendorfer als brutaler, aber stimmlich fein nuancierender Hunding. Eine darstellerische Meisterleistung bot Karen Robertson als Fricka, die ihrem ebenso restlos überzeugenden Wotan Gerd Grochowski ordentlich in die Quere kommt.

Oberösterreichische Nachrichten, 25.03.2014


Wenn Fricka aufkreuzt, wirkt das wie eine nie geschriebene Szene aus den „Letzten Tagen der Menschheit“: Als müsste etwa Ludendorff überraschend den obersten Kriegsherrn empfangen: seine Gattin. Beim scharfen Nachdruck, den Karen Robertson in Abendgarderobe in jedes Wort investiert, ist ihr Sieg von Anfang an klar.
….
Weil der Regisseur Wagner aber nicht nur beim Wort, sondern manchmal auch einfach wörtlich nimmt, um zu einem passablen neuen Sinn zu gelangen, spielt der erste Aufzug („Des Dach dich deckt, des Haus dich hegt, Hunding heißt der Wirt“) in einer Wirtsstube – mit Schank, Jagdtrophäen, abhängendem Schwarzwild nebst Schlachtstock und Beil, einer geflügelrupfenden Muhme und einem jungen Mädchen, Magd oder gar Tochter des Hauses. Sie taucht im zweiten Aufzug nochmals auf, hat die Fliehenden verfolgt, verschwindet aber ungesehen: Nach Freias Kindern im „Rheingold“ offenbar ein weiterer Verweis Laufenbergs auf die mitleidenden nächsten Generationen.

Die Presse, 25.03.2014

Wagners „Ring“ in Naziästhetik zu inszenieren, ist in etwa so originell wie die „Zauberflöte“ in Märchenambiente zu zeigen. Bei der neuen Linzer „Walküre“, die am Samstag im Musiktheater umjubelte Premiere feierte, gelingt dies aber stimmig. Lag die Götterwelt im „Rheingold“ noch im griechisch-antiken Ambiente, ist nun der Zeitsprung zur martialisch-nazistisch angehauchten Zeit erfolgt.

Hundings Haus ist eine altdeutsche Jägerstube, in der das erlegte Wildschwein von der Decke hängt, Wotan trifft seine Kriegspläne in der Wolfsschanze und am Ende birgt der brennende Walkürenfelsen die Vorahnungen des dräuenden Weltkrieges mit projizierten Aufnahmen der Fliegerangriffe. Dieser scheinbare Stilbruch zum „Ring“-Auftakt im Oktober ist aber stringent und wirkt gänzlich unforciert. Hatte sich die Götterwelt im „Rheingold“ noch in der archaisch-griechischen Zeit am Höhepunkt ihrer Macht befunden, ist diese nun bedroht. Wotan schwingt sich zum Kriegsherren auf und steht doch selbst kurz vor den Trümmern seines Lebenswerks - mithin ist der Zeitsprung durchaus schlüssig.

Regisseur Uwe Eric Laufenberg, der designierte Intendant des Hessischen Staatstheaters Wiesbaden, beweist im Bilderkosmos von Gisbert Jäkel wieder sein Talent für gute Lösungen auch im Kleinen, wenn sich etwa bei Brünnhildes Anpreisung Walhallas gegenüber Siegmund ein symbolisches Tableau der Verlockungen vor dem strauchelnden Helden auftut. Dies ist eines der vielen Beispiele, mit denen Laufenberg die langen Dialoge szenisch belebt, ohne sie zu desavouieren.

Und wer würde erwarten, dass das Eintreffen der Walküren mit den toten Kriegern humorvoll sein kann, wenn die vermeintlichen Leichen als ungelenke Puppen demonstrativ beiläufig vom Pferd abgeworfen werden? Von einem echten Rappen wohlgemerkt, der bewundernswert ungerührt seine Runden auf der Bühne drehte. Auch hier vergaloppiert sich Laufenberg nicht mit seinem Regiekonzept. Der rote Faden der Inszenierung ist aber erneut großes Sänger-Schauspieltheater.

Tiroler Tageszeitung, 25.03.2014

Die toten Helden werden in einem schmucklosen Mehrzweckraum deponiert. Später verwandelt sich dieser Ort zum Flammenfelsen, hier gelingt Laufenberg etwas wirklich Neues: Brünnhilde steigt in eine antike Göttinnen-Statue, wird sozusagen lebendig eingeschläfert, während die Walküren Opferschalen entzünden.

Deutschlandfunk, 25.03.2014
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