Die Antigone des Sophokles

20.01.2018
Hessisches Staatstheater Wiesbaden
Inszenierung:
Manfred Karge
Bühne:
Gisbert Jäkel
Kostüme:
Jessica Karge
Mit:
Spielzeit 2018.2019 => Antigone | Llewellyn Reichmann - Ismene | Mira Benser - Kreon | Uwe Eric Laufenberg - Hämon | Paul Simon - Tiresias | Rainer Kühn - Der Ältestenrat | Uwe Kraus, Benjamin Krämer-Jenster, Ulrich Rechenbach, Matze Vogel - u.a. Premierenbesetzung 2017.2018 => Antigone | Llewellyn Reichmann - Ismene | Mira Benser - Kreon | Uwe Eric Laufenberg - Hämon | Maximilian Pulst - Tiresias | Rainer Kühn - Der Ältestenrat | Uwe Kraus, Benjamin Krämer-Jenster, Ulrich Rechenbach, Matze Vogel - u.a.
Termine:

Spielzeit 2017.2018
19. September 2018 (Gastspiel Theater Chur / Schweiz)
22. September 2018
21. Oktober 2018
Termine und aktuelle Besetzungen unter www.staatstheater-wiesbaden.de

Die Antigone Des Sophokles

Rezensionen:

Überhaupt unterstreichen die Farben die formale Strenge der dichten Inszenierung Karges: Kreon und der Chor in Schwarz, Ismene und Antigone in Weiß. Sie trägt von Anfang an das bodenlange Leichenkleid, mit einem schwarzen Schultertuch, das an die große Weigel erinnert. Llewellyn Reichman spielt diese Figur mit Intensität [...] Der ist mit Uwe Eric Laufenberg die herausragende Figur dieser Inszenierung: Der Wiesbadener Intendant verleiht dem Krigesherrn mit starker Bühnenpräsenz einen vielschichtigen, sehr echt wirkenden Charakter, in dem sich brutale Arroganz mit dem Versuch, Antigone eine Brücke zu bauen und schließlich Verzweiflung verbindet [...] Als Epilog dieses starken, etwas über zweistündigen (plus Pause), vom Publikum gefeierten Theaterabends lässt Karge Ismene (Mira Benser) wie einen Flüchtling vor dem eisernen Vorhang sitzen. Und ein Zitat Antigones mit Kreide auf die Wand schreiben: »Zum Hassen nicht, zum Lieben leb' ich«. Das hätte auch von Sophie Scholl stammen können.

Wiesbadener Kurier, Birgitta Lamparth, 20.01.2018

Llewellyn Reichman verkörpert mit schneidender Schärfe das Prinzip Menschlichkeit. Uwe Eric Laufenberg spielt Kreon als schleimig verlogenen, aalglatt uneinsichtigen Herrscher. Im Untergang mutiert der schicksalsblind Ängstliche zu Hitler. Regie-Altmeister Manfred Karge inszeniert wohltuend entschleunigt. Die unaufgeregte Ruhe dient der Verständlichkeit.

BILD, Dr. Josef Becker, 22.01.2018

Natürlich lassen sich so immer wieder Szenen zu aussagekräftigen Tableaus verdichten. Besonders in den zahlreichen Szenen, in denen Uwe Eric Laufenberg als Kreon mit dem Chor des Ältestenrats konferiert, sieht man die Herren im schwarzen Anzug und Aktentaschen immer wieder ein vielsagendes Körperballett aufführen, während sie synchron ihre Texte sprechen: Sie sind Wachs in den Händen des Staatsmanns Kreon, sie sind von ihm abhängig, er verachtet sie dafür und benutzt sie nach Herzenslust. Ohnehin ist dieser Kreon ein begnadeter Staatsschauspieler. Immer wieder gibt er sich nachdenklich, allein von den Umständen gezwungen, den Krieg noch weiterzuführen, immer wieder verweist er auf die zu erwartende Beute, auf die Unvermeidbarkeit des Wettkämpfens, um die ansonsten bevorstehende Vernichtung Thebens zu vermeiden. Brecht decouvriert die Kriegsrhetorik der Mächtigen und lässt das Stück mit bitter-ironischer Point enden: Nicht nur Hämon und die eingemauerte Antigone sterben durch Selbstmord, auch wird Thebens Heer geschlagen und die Stadt besetzt. Nach einem ein klein wenig bei Bruno Ganz abgeschauten Wutanfall endet der Diktator Kreon wie Hitler im Berliner Bunker.

FAZ, Matthias Bischoff, 22.01.2018

Trotz der großen Bühnenpräsenz, die der schauspielende Intendant des Hauses, Uwe Eric Laufenberg, dem störrischen Machthaber verleiht, kommt er gegen Reichmans Unbeugsame nicht an. In seinem Wahn sieht er die Welt so schwarz-weiß, wie das Bühnenbild von Gisbert Jäkel gestaltet ist: ein weißes Rondell mit Schiebetürelementen auf einem von schwarzer Asche bedeckten Boden. Kreon kennt nur Freund und Feind, Staatsordnung und Staatsverrat. In seinem Starrsinn lässt er sich weder von der bissigen Kritik des Sohnes (Maximilian Pulst) noch vom Unheil prophezeienden Seher Theresias (Rainer Kühn), noch gar vom mahnenden Ältestenrat beeindrucken-und wird dadurch in fataler Weise so aktuell wie sein leuchtendes Gegenbild als Ikone des Widerstands gegen Gewalt. »Ungeheuer ist viel und nichts ungeheurer als der Mensch«, heißt es bei Sophokles. Dass aber nicht mehr die Götter alles menschliche Unglück verantworten, wird an diesem Theaterabend eindrücklich demonstriert.

Strandgut Magazin, Verena Rumpf, 01.03.2018
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